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AutorenbildMärkische Kiste

Die andere Seite: Bio-Gärtnerei Watzkendorf

Aktualisiert: 17. Jan.

Watzkendorf ist immer noch ein eher ruhig wirkendes und uriges Fleckchen Erde, knapp zwei Stunden nördlich von Berlin und Standort der gleichnamigen Bio-Gärtnerei. Wir stellen sie euch vor.

Unser Geschäftsführer Christoph Scholz und Gärtnerin in Bio-Gärtnerei Watzkendorf im Gewächshaus mit Jungpflanze in der Hand

"BIO fängt beim Anbau an!"


Watzkendorf, Mecklenburg-Vorpommern, 1996. Als wäre die Zeit hier noch stehengeblieben nur wenige Jahre nach dem Mauerfall, ein friedliches Nichts. Felder und Wiesen, soweit das Auge reicht. Und mittendrin ein Gelände mit 7 ha Acker, Bürobaracken, Lager, ein Gewächshaus und ein paar Folientunnel. Ökologischer Landbau schien damals völlig unmöglich, keiner glaubte wirklich daran, dass Sabine Kabath und das noch kleine Team der Bio-Gärtnerei etwas derartiges aufbauen können. Der Anfang.


Wir spulen vor ins Jahr 2022.


Watzkendorf ist immer noch ein eher ruhig wirkendes und uriges Fleckchen Erde, knapp zwei Stunden nördlich von Berlin und Standort der gleichnamigen Bio-Gärtnerei. Mit heute rund 40 Mitarbeitenden, 26 ha Freilandanbau, mehr als 30 Folientunneln und kleineren Gewächshäusern sowie einem hochmodernen Gewächspalast, der auch der Jungpflanzenproduktion dient, ist der Betrieb gut aufgestellt. Hier herrscht täglich reges Treiben, noch bevor der Hahn kräht. Morgens wird geerntet, was in großen Mengen durch die eigene Logistik des 2017 gegründeten Tochterunternehmens ab 9 Uhr in regionale Gastronomiebetriebe oder zum Weiterverkauf, beispielsweise nach Berlin, geliefert wird. Die Gegenwart.


Vor einigen Wochen begaben wir uns auf eine kurzweilige Landpartie nach Watzkendorf, um über Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges zu sprechen. Sabine Kabath, Inhaberin der Bio-Gärtnerei, hatte aber nicht nur Zeit für Small-Talk, sondern kredenzte neben einer Suppe aus frischen Zutaten vom Acker auch Geschichten aus dem Suppentopf. Plötzlich, bei all den Scherzen und Kamellen, spürte man diese jahrelange Freund- und Partnerschaft, in gewisser Weise eine Lovestory, und war mittendrin in der Geschichte der Bio-Gärtnerei Watzkendorf.


Weder Sabine Kabath noch unser Geschäftsführer Christoph Scholz hatten im Teenie-Alter wirklich den Drive, später in die Landwirtschaft zu gehen. Beide wollten zwar etwas mit Pflanzen machen und buddeln, aber Landwirtschaft? Nee! Den Chef der Märkischen Kiste verschlug es in die Baumschule und später an die Hochschule für Technik, um Gartenbau zu studieren. Und dann kam die Wende – für beide in vielerlei Hinsicht. Nach dem Abschluss und vor der Familiengründung kam Christoph Scholz zum Entschluss, sich mit einem Lieferdienst für Bio-Produkte, dem Unternehmen Märkische Kiste, in Berlin selbstständig zu machen. Die Inhaberin der Bio-Gärtnerei hingegen arbeitete in einem Berliner Gartenbaubetrieb und hatte so ihre Autoritätsprobleme mit der Obrigkeit und der Art und Weise im Umgang mit den Pflanzen. Einige Öko-Spinner-Gedanken hatte sie schon damals im Kopf, sagte sie ganz lapidar im Gespräch. Und 1.000 Fragen. Die Kabath zog, bevor auch sie sich der Familiengründung widmete, also wie Jeanne d´Arc des Okölandbaus los, um Antworten sowie Verbündete zu finden und landete 1996 schlussendlich beim Bioland e.V., nach dessen Richtlinien die Gärtnerei seitdem anbaut. Dem Verein steht sie heute als amtierende Vizepräsidentin vor.


Neues schaffen auf verbrannter Erde war vor 25 Jahren die Devise. In einer Zeit, in der die Arbeitslosenquote vor allem in Ostdeutschland sehr hoch war, während oder gerade, weil viele betriebliche Vor-Wende-Strukturen in sich zusammenfielen. Beide Geschäftsführer bewiesen Mut und Entschlossenheit für den ultimativen den Sprung ins eiskalte Wasser – souverän ohne Bauchklatscher.


Ein schönes war das Watzkendorfer Gemüse-Märchen allerdings nicht immer, aber eins mit Happy End. In 25 Jahren mussten sich die Bio-Gärtner nicht nur bürokratischen Widrigkeiten stellen, sondern auch den Gesetzmäßigkeiten der Zeit. 1991 wurden zur weiteren Bewirtschaftung des Geländes ABM-Stellen geschaffen, in den Folgejahren wurde der Betrieb zum Stützpunkt für ABM und Qualifizierungen. Ein initiiertes Langzeitprojekt, die „Integration von 24 langzeitarbeitslosen alleinerziehenden Frauen in das Berufsleben“ hatte das Ziel eine GmbH zu gründen. Bis auf die Frontfrau selbst, ist heute keine der Ladies mehr Teil des gemüsegewordenen Traums.


Das Gärtnerkollegium wuchs trotzdem mit den Geschäftsjahren und mit der Auftragslage veränderte sich auch die Größe sowie Außenwahrnehmung des Betriebes. Die Öko-Spinner waren plötzlich fancy und haben gezeigt, dass Gemüseanbau ziemlich lukrativ ist. 2007 konnte die Tochtergesellschaft mit Zuschüssen und Krediten endlich privatisiert werden. Und alle so „Yeah!“ zur neugewonnenen Freiheit und Möglichkeiten, die der Markt und dessen Nachfrage mit sich brachte!


Über 40 Gemüsesorten werden nun jährlich in der Bio-Gärtnerei gepflanzt


Darunter befinden sich auch „alte“ Sorten, die es im konventionellen Anbau oder im Handel nicht gibt. So landet Bio-Mangold, Bio-Postelein oder die schon berühmte geringelte Rote Bete in unseren Regional- oder Gemüsekisten. Aber die Bio-Gärtnerei Watzkendorf steht nicht nur für Anbau von Gemüse, sondern auch für Bildung und Forschung – als Lehranstalt unter freiem Himmel. Ökologischer Landbau wird bei Kita- und Schulführungen schon für die Kleinsten erlebbar gemacht und auch die größeren Kids nehmen Bio-Gemüse ganz anders wahr – nämlich mit allen Sinnen.


Verschiedene Projekte mit Wissenschaft und Landwirtschaft tragen dazu bei, Kreisläufe zu schließen, Lieferketten zu optimieren und den Anbau zukunftsweisend zu entwickeln. Darüber hinaus ist die Bio-Gärtnerei durch ihr Jungpflanzen-Programm und jahrelanger Expertise auch bedeutende Ansprechpartnerin für kleinere Gärtnereien und private Hobby-Gärtner, die selbst anbauen möchten.


Manchmal, so Sabine Kabath, verirren sich auch Besucher auf das Gelände, deren Vorstellung zum Landbau so antiquiert sind, dass sie bis weit vor die Wende reichen. Keiner steht hier Latzhose und Strohhut tragend hinter dem Pferdepflug und bestellt das Feld. Das Equipment ist neuzeitlich und ermöglicht effizienteres und rückenschonenderes Arbeiten. Denn auch wenn der Job täglich Frisches mit sich bringt und alle Mitarbeitenden gerne zur Arbeit kommen und diese lieben, ist es ein „Knochenjob“. Damit Besucher auch was zu bestaunen haben, werden die ollen Landmaschinen, die es aber tatsächlich auch in Watzkendorf noch gibt, zu Events und zu Show-Zwecken hübsch gemacht auf den Hof geschoben, um die technische Entwicklung aufzuzeigen.


Ein letztes Wort


Der Profit ist nicht der Maßstab, an dem sich die freundschaftliche Partnerschaft der Märkischen Kiste und der Bio-Gärtnerei messen lässt. Sabine Kabath beschrieb es so: „Wir sind durch Herausforderungen aneinander gewachsen. Das Bewusstsein und der Hunger nach regionalen Bio-Lebensmitteln hatte sich verändert und wuchs über die Jahre. Mit dem zunehmenden Wissen über den Anbau von Biogemüse, konnten wir mehr leckeres Gemüse für die wachsende Kundschaft der Märkischen Kiste liefern.“ Eine Symbiose über 25 Jahre und kein Ende in Sicht. Die Nachfolge in Geschäftsführung ist auch safe, dass „junge Gemüse“ steht in der Pflicht und trägt Sorge dafür, dass der Betrieb weiter geht. Mit immer neuen Ideen steht die neue Generation von Bio-Gärtnern in den Startlöchern. Die Zukunft.


Mission completed!


Mehr Informationen findest du auf der Webseite zur Bio-Gärtnerei Watzkendorf

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